Verjüngungskur für alte Bausubstanz (06/17/2002)

 
Erfolgreiche Umwidmung eines Verwaltungsbaus zum stilvollen Büro- und Wohnobjekt

In vielen Städten fristen ehemalige kommunale Verwaltungsbauten und einstmalig architektonische Schmuckstücke ein tristes Dasein als langsam dem Verfall preisgegebene Altertümer, obwohl ihre historische Architektur auch heute noch einen echten Blickfang abgäbe, wenn man das Bauwerk stilgerecht restaurierte und einer neuen Verwendung zuführte. Magere Stadtsäckel lassen solche Überlegungen meist scheitern und sind in aller Regel die Ursache der beschriebenen Misere, falls sich die Kommune nicht entschließt, das Gebäude zu veräußern, um es nach stilgerechter Sanierung einem neuen Verwendungszweck zuzuführen.

Ein gelungenes Beispiel einer solchen Rettungs- und Wiederbelebungsaktion stellt das ehemalige Städtische Leihamt in der Münchner Augustenstraße 20-22 dar, das unlängst als Büro- und Wohnimmobilie mit stilgerechter Fassade und modernem Innenleben Wiederauferstehung feierte und 2001 mit dem Münchner Fassadenpreis ausgezeichnet wurde. Die Planung der gesamten Umbaumaßnahme des um 1930 errichteten Gebäudes mit seiner für München eher seltenen Klinkerfassade lag in den Händen von Dipl.-Ing Architekt Waldemar G. Seunig, der mit großem Geschick den Balanceakt zwischen Erhaltung der unter Denkmalschutz stehenden Bausubstanz und dem Umbau zu einem kombinierten Wohn- und Büroobjekt mit zeitgerechter Ausstattung meisterte. Dabei stand Seunig vor dem Problem, dass der überwiegende Teil des Gebäudekomplexes zur Lagerung verpfändeter Gegenstände gedient hatte und somit nur geringe Raumhöhen aufwies. Folglich blieb ihm bei der Umwidmung nichts anderes übrig, als die Beton-Geschoss-decken zweier kompletter Stockwerke abzureißen und höhenversetzt der vorgesehenen hauptsächlichen Nutzung als Büroetagen entsprechende, neue Decken einzuziehen. Auf diese Weise entstanden rund 8.000 m² Mietflächen, die heute von einer Werbeagentur mit rund 350 Mitarbeitern genutzt werden. Außerdem bietet das erfolgreich umgebaute Objekt noch 16 Wohneinheiten und entspricht damit dem zeitgemäßen Trend, Wohnen und Arbeiten in unmittelbarer Nachbarschaft anzusiedeln, den Berufsverkehr zu entlasten und die Städte nicht mehr in Arbeits- und Schlafquartiere zerfallen zu lassen.

Dem Thema Parkplatznot begegnete Architekt Seunig durch den nachträglichen Einbau einer Tiefgarage mit insgesamt 26 Stellplätzen. Dabei kam ihm die Konsequenz der ursprünglichen Planer zugute, die von einem durch alle Bauteile durchgängigen Stützenraster ausgegangen waren. An diese Tiefgarage schließt eine separate Anlieferzone an, die Lieferfahrzeuge von der Straße bringt und so dazu beiträgt, den Verkehrsfluss in dieser Citylage aufrecht zu erhalten. Das Dachgeschoss des zur Augustenstraße weisenden Vordergebäudes wurde unter vollem Erhalt des denkmalgeschützten Holzdachstuhls mit durchgängigen Dachgauben versehen, um so die Nutzflächen zu vergrößern und ihre Belichtung mit Tageslicht sicher zu stellen. Im Innenhof der Anlage schuf Seunig einen lichtdurchfluteten, gläsernen Empfangstrakt, der den gesamte Komplex zur "Schokoladenseite" der Brienner Straße orientiert und somit von der Lage her aufwertet.

Aufwändige Brandschutzmaßnahmen

Mit der Umwidmung des Gebäudes ging zugleich eine Neugliederung der Mietflächen einher. Diese wurden in etwa ein Dutzend voneinander unabhängige Einheiten aufgeteilt, die zum Teil über eigene Hauseingänge verfügen. Dabei legten die Planer großen Wert darauf, dass die wechselseitige Kommunikation dieser einzelnen Bereiche nicht behindert wird.

Mieterwünsche nach über zwei Geschosse führenden Empfangshallen und "Teekücheninseln" in Fluchtwegbereichen machten bauliche Sondermaßnahmen, speziell im Bereich Brandschutz notwendig. So mussten beispielsweise die Teekücheninseln mit T30-Abschlüssen abgeschottet werden. Architekt Seunig entsprach diesen Forderungen durch Einbau von insgesamt 38 großflächig verglasten Hörmann Aluminium Rauchschutzabschlüssen RS 150/250/350 in ein- und zweiflügeliger Ausführung zum Teil mit Seitenteilen und Oberlichten sowie T30 Alu- Feuerschutzabschlüssen HE 311, HE 320 und HE 330, die durch ihre ansichtsgleiche Ausführung ein einheitliches Gesamtbild ergeben.

Im Treppenhaus ist eine große S/G300-Festverglasung installiert, die ein großes Bistro, das als Kantine für die Mitarbeiter der Werbeagentur dient, gegenüber den Fluchtwegen im Treppenhaus abgrenzt. Die Feuer- und Rauchschutzabschlüsse fallen durch farblich grau pulverbeschichtete differenzierte Rahmen- und Flügelprofile auf, wobei dunkelgraue Rahmen in RAL 7040 und hellere Flügel in RAL 7012 in spannungsvollem Kontrast zu den zum Teil leuchtend orange wie auch weiß gestrichenen Wandflächen stehen - ein eindrucksvoller Beweis, dass Brandschutzabschlüsse durchaus ein Stück Architektur darstellen und in die Gestaltung eingebunden werden können.
Somit präsentiert sich das ehemalige Münchner Leihamt als eine rundum gelungene Gebäudesanierung, die denkmalschützerische Aspekte und aktuelle Nutzungsansprüche harmonisch mit einer überzeugenden Gestaltung vereint und damit zugleich aktuellen Brandschutzanforderungen gerecht wird.