Neues Terminal am Flughafen Baltimore mit mundgeblasenen Glastafeln aufregend gestaltet (08/01/2006 07:00:00 AM)

Wenn Gläser Flügel bekommen
In einer hochtechnischen Umgebung, wie einem Flughafen, erwarten die Besucher normalerweise ein eher kühles Ambiente. Anders am Flughafen Baltimore, auf dem seit Mai dieses Jahres Reisende auf dem Weg zum neuen Südwest-Airline Terminal ein brillant orange und blau leuchtendes Farbband aus durchscheinendem Farbglas sehen. Bewegt sich der Reisende auf der Rolltreppe, scheint das Glas wie der Flügel eines riesigen Vogels zu flattern. Eine wellenförmige, ca. 33 Meter lange Spur weist zur darunter liegenden Wartezone.
 

Der Künstler, der die so genannte Celestial Passage am Flughafen Baltimore gestaltet hat, ist Guy Kemper. In Deutschland noch relativ unbekannt, hat der in Lexington, Kentucky lebende Künstler in den Vereinigten Staaten mit seinen Farbglas-Kunstwerken bereits für Aufsehen gesorgt. Zuletzt wurde so z. B. das Werk "Rise" (Auferstehung) in der St. Joseph Kapelle, dem katholischen Gedenkgebäude in Ground Zero in New York eingeweiht. Hier wie auch in Baltimore galt es, ein Kunstwerk im öffentlichen Raum zugleich in die Umgebung einzupassen und es aus dieser hervorragen zu lassen. Gelungen ist Guy Kemper dies auch durch seine strategische



Foto: Glashütte Lamberts
Herangehensweise: "Ich habe versucht, mir jeden Aspekt des Gebäudes zu vergegenwärtigen, auch die psychologische Wirkung auf die Personen, die es benutzen." Die Celestial Passage soll für die Besucher sowohl ein subtiler Wegweiser für eilig Reisende als auch der verspielte Ausdruck des Fliegens für all diejenigen sein, die sich selbst in Kürze über den Wolken befinden. Kempers Kunstwerk "funktioniert", weil sich die Reisenden auf der Rolltreppe selbst bewegen. Während die Stufen nach unten rollen, scheinen sich die orangen und blauen Farbspritzer auch zu bewegen – in Richtung Himmel.

"Gesteigerte Architekturerlebnisse", die dazu beitragen, jedem Ort eine ganz bestimmte Aussagekraft zu verleihen, wollte der Baltimore-Washington International Airport schaffen, erklärt Jonathan Dean, Sprecher des Flughafens. Zusammen mit anderen bedeutenden Flughäfen wolle man so für die Reisenden ein positives und unvergessliches Erlebnis schaffen. Zur Realisierung beigetragen haben auch zwei Unternehmen aus Deutschland: Das Glasstudio Derix, Taunusstein, das nach dem Entwurf von Kemper die Realisierung übernahm und die Glashütte Lamberts, die den wertvollen Rohstoff in Form von zahlreichen mundgeblasenen Glastafeln lieferte.

Faszination mundgeblasenes Glas
Seit immerhin 7000 Jahren existiert der Werkstoff Glas. Seit 2000 Jahren beherrscht der Mensch die Kunst des Glasblasens. Die Werkzeuge und die Art der Herstellung sind dabei seit Jahrhunderten gleich geblieben. Was sich kontinuierlich verbessert hat, ist die Qualität und Vielfalt der möglichen Gläser und Farben. Die enorme Auswahl gibt Architekten, Raumgestaltern, Designern und Glaskünstlern einen unbegrenzten Gestaltungsspielraum kreativen Schaffens. "Gerade bei Objektbauten wurde Glas häufig nur als Baumaterial eingesetzt, um Transparenz zu schaffen. Heute haben jedoch immer mehr Architekten erkannt, dass man mit farbigem Glas außergewöhnliche Akzente setzen und mit farbigem Licht wunderschön gestalten kann.", berichtet Stephan Lamberts von der Entwicklung. Dabei werden die unterschiedlichsten Aspekte bei der Gestaltung mit Glas berücksichtigt: Helligkeit, Transparenz, Farbigkeit, Außenansicht, Kunst- und Tageslichtwirkung. Dazu abschließend nochmals Stephan Lamberts: "Natürlich gibt es industriell produzierte Gläser, doch werden diese wohl nie das Flair und die individuelle Prägung eines mundgeblasenen Glases erreichen. Bei industriell hergestellten Gläsern geht vieles an Struktur verloren. Mundgeblasene Gläser überzeugen durch eine hohe Brillanz; die Tafeln beginnen im Licht förmlich zu leuchten."

Dieses "Leuchten" machten sich auch die Experten des Glasstudios Derix zu Nutze und setzten das Konzept von Guy Kemper ebenso handwerklich wie vorher die Glasbläser in die Tat um. Dazu wurden mundgeblasene Glastafeln laminiert, mit Säure geätzt, mit Emailfarben bemalt und anschließend wieder gebrannt. "Mundgeblasenes Glas, auf diese Art veredelt, ist zwar das teuerste aber auch das schönste Glas der Welt", erklärt Guy Kemper: "Man kann solche Effekte nicht erzielen, wenn man eine normale Glasscheibe bemalt. Dieses Material hat eine Struktur und eine Art "inneres Licht", das bei mundgeblasenem Glas einzigartig ist."

Die Fassade besteht schließlich aus 25 gestalteten Elementen, je 214,6 x 102,9 cm groß. Wilhelm Derix, der bereits zahlreiche Projekte mit Guy Kemper realisiert hat, zum Ergebnis: "In hochtechnischer Umgebung ist es hier gelungen, eine auf die Gesamtsicht angepasste Gestaltung zu realisieren. Bei näherer Betrachtung jedoch gewinnt das Kunstwerk geradezu an Lyrik. Passend zu der Umgebung Flughafen, verbunden mit der Assoziation Höhe gewinnen, wirkt es auf die Seele ein und gibt dem Besucher ein gutes und sicheres Gefühl."

Ein modernes Produkt traditionell hergestellt
Die Kunst, mundgeblasenes Glas herzustellen, ist ein traditionelles Handwerk, in dem heutzutage nicht mehr allzu viele Unternehmen und Menschen tätig sind. Die Glashütte Lamberts aus Waldsassen, bereits 1934 gegründet, ist heute nur noch eines von weltweit drei Unternehmen, das mit traditioneller Technik mundgeblasene Flachgläser herstellt - mit 100 Mitarbeitern und einer Vielfalt von über 5000 verschiedenen Farben und einer Ausfuhrquote von über 60 Prozent, Tendenz steigend - sogar Marktführer.

"Vieles unterliegt dem Wandel der Zeit. Doch manches ist eben so gut, dass eine Veränderung ihm die Seele nähme.", erzählt Stephan Lamberts voller Stolz auf die Tradition und die dadurch bedingte Qualität der Produkte. "Mundgeblasene Flachgläser können eben nur mit der traditionellen Methode des Glasblasens hergestellt werden. Wir halten an dieser gewachsenen Tradition fest und stellen dem Markt gerade dadurch ein zeitgemäßes Produkt zur Verfügung. Schließlich wollen Architekten wie auch Bauherren immer öfter das Besondere und sind dafür auch bereit, einen höheren Preis zu bezahlen."

Glas am Bau ist ein viel zitiertes Schlagwort und hat in Deutschland nicht erst seit dem bekannten Projekt der Reichstag-Kuppel an Bedeutung gewonnen. Der dafür bekannte und weltweit renommierte Star-Architekt Sir Norman Foster hat auch schon mit mundgeblasenem Glas gearbeitet. Glas, vor allem, wenn es sich um eben jene mundgeblasenen Glastafeln handelt, ist einfach ein faszinierendes Gestaltungselement, mit dem sich architektonische Glanzpunkte setzen lassen.

Weitere Informationen
Glashütte Lamberts
Schützenstraße 1
95652 Waldsassen
Tel.: 09632/2371
Fax: 09632/4880
info@lamberts.de
www.lamberts.de

Projekt Baltimore
www.derix.com

Quelle: MM-PR