Color Line Arena - Hamburgs Tor zur Event-Welt (10/01/2003 07:38:22 AM)

 
Brandschutz, Rauchschutz, Einbruchschutz: Tür- und Tor-Sonderlösungen für eine Mehrzweck-Halle

Phil Collins und die Hamburg Freezers, Springreiten und Bundesliga-Handball: Die Color Line Arena in Hamburg ist Konzerthalle, Eispalast und Sportarena in einem. Bis zu 16.000 Zuschauer verfolgen die Veranstaltungen, aus der Kurve oder der VIP-Lounge. So hochkarätig wie das Programm ist der Anspruch an die Infrastruktur: "Tore und Türen steuern den Besucherstrom. Sie übernehmen deshalb oft mehrere Schutzfunktionen - beispielsweise Brand- und Rauchschutz bei gleichzeitig hohem Widerstand gegen Einbruchsversuche", berichten die "Fachbauleiter Tore und Türen" der Arena, Gerhard Vormelker und Dietmar Boeckh von Teckentrup.

In nur 16 Monaten entstand für rund 80 Millionen Euro die Multifunktionshalle "Color Line Arena" in Hamburg: Auf 16.500 Quadratmetern und mit 33 Meter Höhe bietet sie Platz für fast 16.000 Zuschauer, die Hallenfläche misst 3.760 Quadratmeter. 120 mal im Jahr strömen Zuschauer durch die Hallentore. Damit der Publikumsverkehr in einer der modernsten Hallen Europas staufrei fließt und gleichzeitig die Sicherheit gewährleistet bleibt, entwickelten die Planer ein ausgefeiltes Tür- und Tor-Konzept. Sicherheit meint dabei Schutz für die Besucher (Panikfunktion) und für die Halle selbst - gegen Einbruch.

Multi-Funktions-Tore für Multi-Funktions-Halle

"Viele Tore erfüllen drei Funktionen, beispielsweise Zugangskontrolle in Ruhezeiten, Selbstöffnungsautomatik bei Brand- und Panik-Alarm und reibungsloser Alltagsverkehr bei Lieferungen oder Umbauten", berichtet Gerhard Vormelker vom Tür- und Tor-Spezialisten Teckentrup (Verl). Mit seinem Kollegen Dietmar Boeckh war der Fachbauleiter während der letzten sechs Monate der Bauphase ständig vor Ort. Technische Kompetenz, Kreativität und Lernbereitschaft sowie Gewerke übergreifendes Arbeiten waren gefragt. Gemeinsam mit Siemens, verantwortlich für die Elektronik und Sicherheitstechnik, wurde beispielsweise die Brandmelde-Anlage mit den Toren und Türen gekoppelt. "Im Bereich Computer-Sicherheitstechnik konnte ich meine Kenntnisse deutlich vertiefen", bemerkt Vormelker.

Lösungen mit System

Verkehrslast und der Grad der Zugangsberechtigung bestimmen das Anforderungsprofil der Türen. Die Innentüren im Unterrang (Teckentrup Fluchttüren) öffnen beispielsweise automatisch durch Dorma ED 200 Drehflügelantriebe, wenn die Rauchabzugsanlage Alarm gibt - nicht, um einen Fluchtweg frei zu geben, sondern als Zuluft-Öffnung. Nur so arbeiten die Rauchabzüge, ohne dass Unterdruck entsteht. Dadurch herrscht jederzeit klare Sicht.

Die beiden großen Teckentrup Sectionaltore SW mit Sondersteuerung fahren durch Auslösen der Fluchttüröffner, bei Brandalarm innerhalb der (vorgeschriebenen) drei Sekunden 2,20 Meter hoch. Hier steht einer eventuellen Flucht des Publikums ins Freie nichts mehr im Wege - so lange, bis das Tor wieder per Code deaktiviert wird.

Die Zufahrts-Tore geben zwei 4,20 Meter hohe LKW-Durchfahrten frei - Platz für die Trucks bis zur Bühne. "Ursprünglich sollten hier große, zweiflügelige Drehtüren eingebaut werden. Die technischen Anforderungen (LKW-Zufahrt, Zuluft-Gewährleistung und Fluchtweg) konnten nur durch Einbau von Sectionaltoren erreicht werden. Fluchttüröffner und Verkabelung ließen sich so ebenfalls leichter installieren", erläutert Vormelker. Im Brandfall verschließt ein Feuerschutz-Schiebetor automatisch die Anlieferungsebene und verhindert so die Ausbreitung des Feuers.

Die Türen und Tore - insbesondere zum Verwaltungs- und Backstage-Bereich - sind mit dreistufiger Zugangskontrolle ausgestattet:
• "Scharf": Die Tür ist verschlossen und nur durch einen besonderen Schlüssel oder Chipkarte zu entsperren (Diodenring leuchtet rot).
• "Impuls-Auf": Zugang ist möglich, nach Begehung verriegelt das Terminal eigenständig (Diodenring blinkt gelb).
• "Dauer-Auf": Die Tür lässt sich öffnen (Diodenring grün).

Zu den weiteren Sicherheitsmaßnahmen gehören Videoüberwachung, Einbruch-, Rauch- und Brandmelde-Anlagen. Zudem verfügen alle Schließanlagen über "Voll-Panik-Funktion" - im Notfall lassen sich alle Außentüren und -tore von Hand öffnen.

Türen und Tore - Beratung inklusive

"Bei der Color Line Arena ging es um mehr als das Liefern von Produkten - wir brachten unser technisches Know-how vor Ort mit ein. Besonders, wenn Probleme auftauchten." Dann war schnelles Handeln gefragt: "Wo beispielsweise die Wandmaße nicht stimmten, mussten wir mit Laser und Schlauchwaage nachmessen, schnell neue Zeichnungen anfertigen, um dann die Türen in die Fertigung zu geben - inklusive Bauamts-Genehmigung und Freigabe durch den Architekten. Zum Glück funktionierte die Zusammenarbeit der Gewerke vor Ort hervorragend."

Auch die finnisch-deutsche Zusammenarbeit forderte besondere Lösungen. Beispiel Farbe: Die Hausfarbe der Color Line Arena erforderte eine Spezial-Lackierung der Tore. Die Farben wurden deshalb speziell angemischt. Zudem plante das (finnische) Architekturbüro u.a. mit Maßen, die von den deutschen Standards abweichen. Türen und Tore in Sondergrößen und -konstruktionen, z. B. Notausgangstüren mit Sonder-Bodenschienen inklusive absenkbarer Dichtung in der vorgesetzten Stahlblechfassade lösten diesen Widerspruch. Schnelligkeit war Trumpf: "Oft dauerten Zeichnen, Behördenweg, Produktion, Lieferung und Einbau nur wenige Wochen", resümiert Vormelker.

Von Eishockey bis zu Oper

Die Halle ist enorm wandlungsfähig: Mobile Unterränge lassen sich aus der Halle schieben, dann entsteht eine Konzertfläche mit maximal 15.795 Plätzen. Bei Handball- oder Eishockey-Spielen stehen 12.759 Sitzplätze zur Verfügung. Mit abgehängtem Oberrang entsteht ein Amphitheater mit 6.235 Plätzen. Der Boden ist genauso variabel: Für Eishockey liegt circa 15 Zentimeter dickes Dauer-Eis unter den Bodenplatten. Kurz vor Spielbeginn taut der "Iceman" die Oberfläche an und macht sie so spiegelglatt. Die Eismaschine parkt gut geschützt hinter einem Rolltor - mit Zugang zum Backstage-Bereich. "Seine" Tore öffnet der "Iceman" per Handsender.

400 Spezialtüren

Für die Color Line Arena lieferte Teckentrup mehr als 420 Spezial-Türen und -Tore. Gerade durch die geforderten Sonderlösungen kam das Teckentrup-Team zum Zug. Dies gilt auch für Türen, die nicht für den Publikumsverkehr vorgesehen sind. Brandschutztüren (T30-1 und T30-2) trennen z. B. die Elektroschächte (vier pro Etage) vom Innenraum und gewährleisten beidseitig Brandschutz.

Rauchdichte Türen sichern die Fluchtwege. Edelstahl-Türen mit Bullaugen-Verglasung in den Küchen, Edelstahl- und Rauchschutztüren im VIP-Bereich und im "On Stage" Restaurant zeigen die Design-Vielfalt der Türen. Sieben Restaurants und 15 Fast-Food-Outlets mit insgesamt 2.000 Sitzplätzen sorgen für das leibliche Wohl. Die VIP-Logen ("Skyboxes") im ersten Obergeschoss geben 15 bis 20 Personen Premium-Sicht aufs Spielfeld. Sie kosten pro Jahr einen fünfstelligen Betrag - zuzüglich Eintrittskarten. Raum für bis zu 50 Personen bieten zwei Gruppenlogen. Typisch Finnland: Eine Loge beherbergt sogar eine Sauna - mit Verglasung und freiem Blick auf das Spielfeld. Edelstahltüren mit Bullaugen gewährleisten den Rauchschutz in den exklusiven Räumen.

Von Hamburg in die Welt

Im vierten Obergeschoss laufen die Kabelnetze für Live-Streaming und Videokonferenzen zusammen. Hier steht das Studio für TV- und Radioübertragungen als Rückgrat für die Medien. Hinter Rauchschutz-Rohrprofiltüren laufen die Drähte zusammen, die die Veranstaltungen auf die Großbildleinwand in die AOL-Arena nebenan oder in die Welt übertragen.

Schutz von der Elektrik bis zur Gewahrsamszelle

Sonderlösungen erforderten auch die Trafos. Die beiden Haupt-Anlagen leiten Strom mit bis zu 2.500 Ampere in die Halle. Für deren Belüftung sorgen speziell gefertigte Stahl-Gittertüren. "Die Standard-U-Profile hätten den notwendigen Lüftungsquerschnitt nicht erreicht, deshalb kommt hier ein speziell abgekantetes Trafogitter zum Einsatz", erläutert Vormelker.

Im halleneigenen Polizei-Trakt sorgen Teckentrup-Gewahrsamstüren in den Zellen für Ruhe - aufgrund der guten Erfahrung mit diesen Türen im Polizeipräsidium Hamburg und vielen weiteren Polizeirevieren.

Abnahme "last minute"

Kurz vor Schluss arbeiteten 20 Monteure parallel. Vormelker: "Der Bau war reizvoll, spannend - und anstrengend: Zwei Wochen vor der Premiere haben nur wenige gedacht, dass wir pünktlich fertig werden. Bis zu 20 Stunden Arbeit täglich waren die Folge - schade besonders für meine Frau und meine sieben Enkel." Zur Eröffnung kam zum Stolz über das Geleistete ein letzter Arbeitsschritt: Die Behörde bemängelte die Verkabelung an einem Tor. Ihr Anschluss erfolgte während einer Probenpause von Phil Collins, der das Eröffnungskonzert gab.

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Bautafel:

Bauherr: D+J Arena Hamburg GmbH, Hamburg
Investor: Jokerit HC Oyj, Helsinki/SF
Projektsteuerung: LEMCON Baumanagement GmbH, Helsinki /Hamburg
Architekt: EVATA Finnland, Helsinki/Berlin
Baukosten: rund 80 Mio. Euro
Bauzeit: 16 Monate
Auftragsvolumen Teckentrup (Türen + Tore): 960.000 Euro
Statiker: Magnus Malmberg Oy, Helsinki und Dipl.-Ing. Helmut Haringer Ingenieurgesellschaft mbH, München
Haustechnik/Ausführung: Siemens Gebäudetechnik Nord GmbH & Co. OHG, Hamburg
Sponsoren: u. A. Colorline, Holsten, Schöller, Coca Cola
Kapazität: 15.795 Sitzplätze