Klimamarkt gegen Klimawandel (08/05/2009 07:00:00 AM)

Innovatives Energiekonzept für Supermärkte
Der Tengelmann Klimamarkt in Mülheim an der Ruhr ist der bundesweit erste Supermarkt, der völlig ohne CO2-Emissionen betrieben wird. Gegenüber Supermärkten gleicher Größe werden zudem 50 Prozent der bisher benötigten Energie eingespart. Das bundesweit vorbildhafte Konzept zeigt die immensen Einsparpotenziale auf, die durch die Vernetzung baulicher und anlagentechnischer Maßnahmen selbst bei der Renovation von Bestandsbauten erschlossen werden können.

Das Engagement für umweltfreundliches, ressourcenschonen-des Handeln ist bei Tengelmann seit mehr als 40 Jahren in der Unternehmensphilosophie verankert. Das beweisen traditionell die nachhaltige Sortimentsausrichtung ebenso wie das Bauen mit ökologisch einwandfreien Baustoffen und umweltfreundlichen Materialien. Daher ist auch der im Dezember 2008 nach nur acht Wochen Umbauzeit eröffnete Klimamarkt weitaus mehr als ein reines Imageprojekt. Bundesweit vorbildhaft für Gewerbebauten dieser Art, nannte ihn der Geschäftsführer der Energieagentur NRW, Prof. Norbert Hüttenhölscher, und er sieht den „energiefreundlichsten Supermarkt in Deutschland" gar als Exkursionsobjekt für alle Interessenten und Wettbewerber an.

Ganzheitliches Konzept für 80er-Jahre-Bau
Die Architekten und Planer, die sich der Renovation des typischen Gewerbebaus aus den 80er Jahren annahmen, hatten die komplexe Aufgabe, im Sinne der angestrebten Energieeinsparungen eine Vernetzung von zahlreichen baulichen und gebäudetechnischen Maßnahmen in ihre Planungen einzubeziehen. Supermärkte benötigen sehr viel Energie. (Zum Vergleich: Ein Supermarkt der Tengelmann-Tochter Kaiser´s verbraucht rund 770.000 Kilowattstunden Strom) Sie verfügen über aufwendige Beleuchtungssysteme und umfangreiche Kühlanlagen für ihre Frische- und Tiefkühlsortimente. Heizung, Beleuchtung und Kühlung stellten daher die drei wesentlichen energetischen Bereiche dar, in denen Optimierungen vorgenommen wurden.

Erdwärme für Heizung und Klimatisierung
Wesentlicher Motor ressourcenschonender Heizung und Klimatisierung ist für den Mülheimer Supermarkt eine Geothermieanlage, die die in den oberen Bodenschichten gespeicherte Erdwärme nutzt. Für die Anlage wurden sechs 130 Meter tiefe Erdbohrungen vorgenommen, in die man einen Röhrenkreislauf einbrachte. Die Flüssigkeit in den Röhren - ein Wasser-Glykol-Gemisch - nimmt die Wärme aus dem Boden auf und wandelt sie über eine Wärmepumpe in Heizwärme für den Klimamarkt um. Auf diese Weise wird der Temperaturunterschied zwischen den oberen und den tiefer gelegenen Bodenschichten nutzbar gemacht. Im Sommer funktioniert das System umgekehrt. Es kühlt den Markt, indem es der Raumluft die Wärme entzieht und sie an den Boden zurückgibt. Das Erdreich dient sozusagen als Wärmespeicher für den Klimamarkt.

Über die Erdwärmenutzung werden 25 Prozent des Wärmebedarfs des Klimamarktes gedeckt. Die restlichen 75 Prozent stammen aus der Rückgewinnung der Kühlanlagenabwärme. Die reichlich im Markt vorhandenen Kühlmöbel sind quasi zugleich „Heizkörper", da sie zum Erzeugen der Kühlkälte auch reichlich Wärme entwickeln. Diese „Abwärme" sämtlicher Kühlgeräte wird in die Kälteanlage eingespeist und über Wärmetauscher dem Markt wieder zugeführt. Sie kommt bei der Warmwasserbereitung und damit auch bei der Beheizung des Marktes zum Einsatz. Dies macht den konventionellen mit Erdgas oder Öl betriebenen Heizkessel überflüssig und den Klimamarkt somit unabhängig von fossilen Energieträgern.
 

Durch den "Solarturm" und die schlank profilierte, transparente Aluminium-Glaskonstruktion erhielt der Klimamarkt einen repräsentativen Eingangsbereich, der zugleich die Themen Licht und Energie ins Blickfeld rückt.


45.000 kWh Sonnenstrom pro Jahr liefert die gesamte Photovoltaikanlage (System Schüco ProSol im Turm- und Dachkantenbereich des Klimamarktes) - davon können 13 Prozent des nach der Energiesanierung verbliebenen Stromverbrauchs gedeckt werden.


Der südliche und westliche Dachrandbereich wird durch ein doppeltes Band aus horizontal arrangierten Schüco ProSol-Modulen gerahmt.
Tageslicht und Kunstlicht im Dialog
Die gute Ausleuchtung von Waren und Räumlichkeiten ist für Supermärkte verpflichtend. Sie wird in der Regel über eine Kombination aus Strahlern und Lichtbändern mit Leuchtstofflampen realisiert, durch die eine meist statische Beleuchtung entsteht. Auch hier ging man mit einer neuartigen Marktbeleuchtung individuelle und vor allem energiesparende Wege: In das Dach des Klimamarktes sind Verglasungen eingesetzt, durch die Tageslicht in den Markt fallen kann. Die Isolierverglasungen sind im Scheibenzwischenraum mit einem neuartigen lichtstreuenden Nanogel befüllt. Eine speziell für diesen Markt konzipierte Lichtsteuerung schaltet sich ein, wenn die einfallende Tageslichtmenge nicht mehr ausreicht und reguliert die künstliche Beleuchtung so, dass nur die Differenz zur gewünschten Helligkeit ausgeglichen wird. Die Beleuchtung sämtlicher Kühlmöbel sowie der speziellen Aktionsregale wird zudem mit energiesparender LED–Technik realisiert. Allein das Beleuchtungskonzept des Klimamarktes spart rund 40 Prozent der Beleuchtungsenergie herkömmlicher Systeme ein. Darüber hinaus wurden alle Kühlmöbel mit Türen ausgestattet, die die Energieverluste offener Regalsysteme vermeiden.

Drei Solaranlagen für unterschiedliche Einsatzgebiete
Zukunftsweisende Energiekonzepte geben sich mit dem Energiesparen allein nicht zufrieden, sondern kombinieren diese wirtschaftliche und ökologische Zielsetzung mit solaren Maßnahmen zur Energiegewinnung. So auch der Mülheimer Tengelmann Klimamarkt, der über eine ca. 1.140 Quadratmeter große Photovoltaikanlage verfügt, die architektonisch an exponierter Stelle platziert das Thema des Klimamarktes bereits in der Fassadengestaltung sichtbar werden lässt.

Das gesamte System zur solaren Energiegewinnung setzt sich aus drei separaten Photovoltaikanlagen mit unterschiedlichen PV-Modultypen zusammen. Im Turm oberhalb des Haupteingangsbereichs kommen auf ca. 60 Quadratmeter Fläche monokristalline schwarze Schüco ProSol-Elemente als Isolierverglasung in Alu-Pfosten- und Riegel Konstruktion (Schüco FW 50+.HI) zum Einsatz. Die Modulabmessungen betragen abhängig von der Scheibengröße zwischen 0,76 m x 1,350 m und 3,10 m x 1,35 m. Im südlichen und westlichen Dachrandbereich sind auf einer Fläche von ca. 220 Quadratmetern 92 monkristalline schwarze Kompaktmodule (Schüco S 240-KM) als Kaltfassade in eine Aluminium-Unterkonstruktion eingehängt. Die Modulabmessungen betragen hier durchgängig ca. 1,14 m x 2,04 m. Im Flachdachbereich schließlich hat man sich aus statischen Gründen für eine "leichtere" Lösung mit Photovoltaik-Dünnschichtmodulen entschieden. Etwa 860 Quadratmeter dieses Kollektortyps wurden auf eine Dachfolie aufgeschweißt. Alle drei Anlagenmodule zusammen können bis zu 45.000 kW/h Strom erzeugen. Bei einer Photovoltaik-Anlage dieser Größe und Komplexität hat es sich nach Aussage der Architekten als hilfreich erwiesen, dass die Anwendungstechniker von Schüco die Planung intensiv begleiteten.

Übertragung auf weitere Märkte geplant
Neben der Anlagentechnik zur Energieersparnis und
-gewinnung wurden auch die passiven baulichen Maßnahmen unter gleich strengen energetischen Gesichtspunkten bewertet und geplant. So runden hoch isolierte Aluminium-Profilsysteme (System Schüco FW 50+.HI) als Fassaden- und Dachverglasungskonstruktionen das Gesamtbild des Energiekonzeptes ab, indem sie durch hohen Tageslichteinfall den energieintensiven Kunstlichteinsatz reduzieren, zugleich hoch wärmedämmend wirken und damit die winterlichen Energieverluste gering halten.

Der Klimamarkt soll übrigens kein Einzelprojekt bleiben. Die Tengelmann-Unternehmensgruppe beabsichtigt, bald weitere Filialen zu Klimamärkten umzurüsten. Das Mülheimer Pilotprojekt liefert die Erfahrungen.

Weitere Informationen
zum Klimamarkt: www.tengelmann-klimamarkt.de



Bautafel
Tengelmann Klimamarkt, Mülheim a.d. Ruhr

Projektbeteiligte (Auswahl)
 
BauherrUnternehmensgruppe Tengelmann, Mülheim a. d. Ruhr
Architekt und PlanerVervoorts & Schindler Architketen BDA, Bochum (Projektleitung: Thomas Vervoorts; Bauleitung: Florian Schuster); ITGB Gesellschaft für integrierte Technik in gewerblichen Bauten, Dinslaken
Verarbeiter:Jäger Bauelemente GmbH, Essen (Photovoltaik-Anlagen, Turm, Fassade, Lichtdach)
Schüco Systemtechnik: Lichtdächer, Fassadenelemente und Unterkonstruktion für den Solarturm: System Schüco FW 50+.HI; Photovoltaik-Elemente für Turm und Dachrand: Schüco ProSol und Schüco S 240-KM (monokristallin schwarz, im Dachrandbereich als Kompaktmodule).

Quelle + weitere Informationen zur Solar- und Fassadentechnik:
Schüco International KG
Karolinenstraße 1-15
33609 Bielefeld
Tel.: +49 (0) 5 21/7 83-0
Fax: +49 (0) 5 21/7 83-4 51
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